Hast du schon mal „Depression Selbsthilfe“ bei Google eingetippt? Wenn ja weißt du sicherlich, dass es etliche Webseiten im Netz gibt, die dir Tipps im Umgang mit einer Depression geben wollen. Manche von ihnen seriös und hilfreich und einige eher entbehrlich. Obwohl es diese schwarzen Schafe unter den Webseiten geben mag, finde ich, dass der Trend zur Selbsthilfe ein gutes Zeichen ist. Denn das bedeutet, dass die Menschen anfangen, Verantwortung für die Lösung ihrer Probleme zu übernehmen.
Und gerade was psychische Probleme betrifft, ist dieser Trend enorm wichtig und nützlich. Denn psychische Probleme sind von ihrer Natur aus Angelegenheiten, um die sich jeder selbst kümmern muss. Sicherlich kann eine Therapie ebenfalls helfen, doch der Job des Therapeuten besteht lediglich darin, die nötige Atmosphäre für Veränderung zu schaffen, in dem der Patient selbständig werden kann. Das Thema dieses Beitrages ist daher: Depression Selbsthilfe – Wieso eine Therapie kein Muss ist.
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Depression Selbsthilfe – Falscher Autoritätsgedanke
In Deutschland leben wir in einer Gesellschaft, die meiner Meinung nach regelrecht besessen ist von dem Autoritätsgedanken. Fast nirgendwo auf der Welt, wird einem Diplom, oder abgeschlossenem Studium soviel Wert beigemessen, wie hierzulande. Teilweise habe ich das Gefühl, dass jemandem das Recht abgesprochen wird über ein Thema zu reden, wenn er das Thema nicht studiert hat.
Obwohl diese Einstellung nicht immer etwas Schlechtes sein muss und sicherlich auch in manchen Kontexten eine gewisse Legitimation verdient, sorgt sie in anderen Bereichen meist für Verwirrung. Vor Allem dann, wenn es um psychische Angelegenheiten geht.
Denn viele Menschen, die dem Autoritätsgedanken zustimmen, neigen dazu, einen Therapeuten als die absolute Autorität anzusehen. Wenn sie psychische Schwierigkeiten haben und folglich einen Therapeuten aufsuchen, haben sie folgende Vorstellung: “Ich werde zum Therapeuten gehen, er wird mir sagen, was ich zu tun habe und danach wird es mir endlich wieder besser gehen“.
Die eigene Rolle im Therapieprozess übergehen sie komplett. Wieso sollten sie sich auch aktiv beteiligen? Schließlich hat der Therapeut das Thema jahrelang studiert und kennt sich bestens damit aus. Daher lieber keine Initiative zeigen, sondern auf den Therapeuten warten. Was er sagt, ist die absolute Wahrheit. Fast so als würdest du dein Auto in eine Werkstatt bringen, um es vom Fachmann reparieren zu lassen. Siehe: Wieso die meisten Therapeuten dir nicht helfen können
Depression Selbsthilfe – Nur du weißt, was du denkst, fühlst, willst und brauchst
Der Grund, wieso dieser Autoritätsgedanke bei psychischen Problemen nicht funktioniert ist ganz einfach und entspringt der Natur der Sache: Der Therapeut hat kein Gerät, mit dem er deine Gedanken, Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse ablesen kann. Er weiß nicht, welches bestimmte Problem, oder welcher bestimmte Aspekt eines Problems, dir am meisten zu schaffen machen. Und ohne diese Kenntnisse ist es unmöglich eine Besserung und Heilung zu erreichen.
Genau so wie ein Therapeut nicht für dich atmen kann, so kann er auch nicht deine Probleme für dich lösen. Nur du hast Zugang zu deinem Innenleben. Nur du weißt, was du denkst, fühlst, willst und brauchst. Daher kannst auch nur du selbst identifizieren, welche Situationen aus deiner Vergangenheit die Symptome beispielsweise einer Depression verursachen.
Niemand kann deine Probleme für dich lösen.
Wenn dir also die nötigen Werkzeuge in die Hand gegeben werden (und diese Werkzeuge, gibt es zu genüge im Internet), kannst du ohne Zweifel damit anfangen, deine Probleme selbst zu lösen. Das beinhaltet beispielsweise das Ziel, dich selbst besser zu verstehen und deine ehemals blockierten Gefühle aufzuarbeiten. Mein Lieblingswerkzeug in diesem Kontext ist die sog. Focusing-Methode von Eugene T. Gendlin. Sie ermöglicht es dir, deine unterdrückten Gefühle aus der Vergangenheit aufzuarbeiten, damit sie dich endlich loslassen können. Siehe: Wieso du deine schlechte Kindheit dringend aufarbeiten musst
Wie du es schaffst, deine unterdrückten Gefühle auf der Vergangenheit aufzuarbeiten und somit deine Angst vor Ablehnung und Kritik zu überwinden, beschreibe ich in meinem Buch: “Durch Mündigkeit zur Selbstliebe“.
Depression Selbsthilfe – Therapie kann sinnvoll sein
Möglicherweise stellst du dir jetzt die Frage, wieso du überhaupt noch einen Therapeuten brauchen solltest, wenn du deine Probleme selbst lösen kannst, bzw. gar musst. Nun die Antwort darauf ist folgende: Wir Menschen sind nun mal interagierende Wesen. Auch wenn viele der Auffassung sind, dass der Therapieprozess etwas höchst komplexes sei, so stimmt das nicht. Ein Großteil des Heilungsprozesses besteht einfach nur darin, unterdrückte Gefühle und Gedanken auszudrücken. Das war es schon. Denn sobald du anfängst deine Gefühle auszudrücken, erlaubst du deinen Selbstheilungskräften zu arbeiten.
Diesen Punkt hat Eugene T. Gendlin sehr schön beschrieben: Angenommen du ziehst dir eine Schürfwunde zu. Nachdem du die Wunde desinfizierst und ein Pflaster darauf geklebt hast, fangen die Selbstheilungskräfte deines Körpers an zu arbeiten. Die Wunde heilt sozusagen nach einer gewissen Zeit von selbst ohne dein Zutun.
Und genau dasselbe Prinzip gilt für deine Gefühle. Sicherlich kennst du folgendes Phänomen: Dir geht es aus irgendeinem Grund sehr schlecht und du fühlst dich bedrückt. Ein aufmerksamer Freund von dir erkennt deine Gefühlslage und fragt nach der Ursache. Dann fängst du mit einem tiefen Seufzer an, über das Thema zu reden. Und alleine, dass du deine Gefühle bezüglich des Themas ausgedrückt hast bewirkt schon, dass du dich nach dem Gespräch viel besser und befreiter fühlst. Indem du deine Gefühle ausgedrückt hast, haben deine Selbstheilungskräfte die Erlaubnis gekriegt zu arbeiten.
Depression Selbsthilfe – Fazit und Frage
Meine Absicht mit diesem Beitrag war es sicherlich nicht, die Therapie schlecht zu reden. Ich bin aus obigen Gründen überzeugt davon, dass sie in vielen Punkten hilfreich sein kann. Vielmehr ging es mir darum, darauf hinzuweisen, dass sie kein Muss ist. Denn die Vorstellung, dass sie unumgänglich ist, resultiert aus dem falschen Autoritätsgedanken, den viele von uns haben. Nämlich von der Vorstellung, dass der Therapeut ein allwissender Experte sei, der alles besser weiß, als der Patient selbst.
Eine Frage zum Nachdenken: Was würde sich in deinem Leben ändern, wenn du dich selbst als die entscheidende Autorität bezüglich deiner Probleme sehen würdest?