Ich kann mich nicht entscheiden. Das war der Satz, der viele Jahre lang mein Leben bestimmte. Ich hatte große Schwierigkeiten mich für eine der gegebenen Alternativen zu entscheiden und als ich dann schlussendlich eine Entscheidung traf, ruderte ich genauso schnell wieder zurück, da ich mir unsicher war. Ich dachte stundenlang über die Konsequenzen einer bestimmten Entscheidung nach und wägte ständig die Alternativen ab. Dennoch brachte ich es nicht über das Herz eine endgültige Entscheidung zu treffen und das Aufschieben machte mir das Leben schwer.
Doch wieso war es für mich und sicherlich vielen anderen Menschen so schwer Entscheidungen zu treffen? Welche bestimmte Sache machte die Entscheidungsfindung so knifflig? Nach langer Überlegung lautet meine Antwort darauf: Es liegt an dem Selbstwertgefühl. Was ich damit im Einzelnen meine und wie du es hinkriegst, endgültige Entscheidungen zu treffen, möchte ich in diesem Beitrag erklären.
Dies ist mein Beitrag für die Blogparade zum Thema Selbstwertgefühl von Tim Hamer auf dubistgenug.de
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Ich kann mich nicht entscheiden: Entscheidungen sind immer schwer
Zunächst einmal ist es wichtig zu klären, dass es für jeden Menschen schwierig ist, Entscheidungen zu treffen. Und damit meine ich nicht unbedingt Entscheidungen, wie: “Soll ich heute das Auto nehmen, oder mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren“, sondern jene Entscheidungen die weitgehende Konsequenzen auf das Leben des Menschen haben.
Ja, selbst Menschen mit hohem Selbstwertgefühl würden am liebsten auf die Entscheidungsfindung verzichten. Doch der Unterschied zwischen jenen und anderen Menschen ist, dass sie sich der Notwendigkeit von Entscheidungen bewusst sind. Sie wissen ganz genau, welche verheerenden Auswirkungen es hat, wenn man sich vor Entscheidungen drückt. Sie wissen, dass sie das Drücken vor Entscheidungen geradewegs in die Abhängigkeit von anderen Menschen führt. Siehe: Emotional unabhängig werden
Ich kann mich nicht entscheiden: Andere Menschen entscheiden für dich
Der Grund, wieso der Verzicht auf Entscheidungen dich in eine Abhängigkeit von anderen Menschen führt, ist folgender: Für uns Menschen ist es unumgänglich Entscheidungen zu treffen. Wir werden täglich mit tausenden Alternativen konfrontiert, zwischen denen wir uns entscheiden müssen. Wenn du also beispielsweise sagst, dass du keine Entscheidungen mehr treffen willst, bedeutet das, dass andere Menschen für dich diese Entscheidungen treffen müssen.
Und das wiederum bedeutet, dass dein Leben fremdbestimmt wird. Andere Menschen entscheiden dann darüber, welchen Lebensweg du wählst, ob du eine Familie gründest und was deine Werte sein werden. Du kannst daher nicht deinen eigenen Weg gehen und dein Leben nach deinen Wünschen, Bedürfnissen und Überzeugungen ausrichten. Siehe: Du bist nicht auf der Welt, um die Erwartungen anderer zu erfüllen
Ich kann mich nicht entscheiden, weil ich Angst vor der Verantwortung habe
Ein ausschlaggebender Grund dafür, wieso viele Menschen auf Entscheidungen verzichten wollen ist, weil sie Angst vor der Verantwortung haben, die sie daraufhin übernehmen müssen. Denn Entscheidungen zu treffen, bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für die Konsequenzen, die eine Entscheidung mit sich bringt – sowohl positive, als auch negative.
Stelle dir folgendes – eher banales – Beispiel mal vor, das das Problem sehr gut verdeutlicht: Du triffst dich abends mit deinen Freunden, um etwas zu unternehmen. Ihr habt allerdings nichts Spezielles geplant und überlegt daher, was ihr machen könnt.
Angenommen du wirfst dann einen Vorschlag in den Raum und sagst, dass ihr zur Bar X gehen könnt, da du gehört hast, dass sie gut sein soll. Die anderen willigen ein. Doch angekommen in der Bar merkt ihr, dass sie gar nicht so gut ist, wie ihr gedacht habt. Die Musik ist schlecht und die Bar hat kaum Besucher und ihr verlasst sie daraufhin wieder.
Nach der Enttäuschung zeigen deine Freunde mit dem Finger auf dich, weil du die Bar vorgeschlagen hast. Es war dein Vorschlag und die anderen fordern daher, dass du dich zur Verantwortung stellst. Wenn du stattdessen keinen Vorschlag gemacht hättest und einfach mitgegangen wärst, dann hättest du diese Schuldvorwürfe nicht zu befürchten.
Zugegeben: Das ist ein ziemlich banales Beispiel. Doch sie verdeutlicht das Prinzip, das ich erklären möchte: Jedes Mal, wenn du eine Entscheidung triffst, übernimmst du die Verantwortung für die Konsequenzen dieser Entscheidung.
Und wenn du ein Mensch bist, der unsicher und darauf bedacht ist, jeder Konfrontation aus dem Weg zu gehen, kannst du dazu neigen, Entscheidungen aus dem Weg zu gehen, da du nicht zur Verantwortung gezogen werden möchtest. “Ich kann keine Entscheidungen treffen“ könnte daher mit “Ich möchte nicht zur Verantwortung gezogen werden“ übersetzt werden. Siehe: Schlechtes Gewissen loswerden: Die einfachste Methode
Ich kann mich nicht entscheiden, weil ich meinen Gedanken nicht traue
Wenn du deiner Fähigkeit zu denken und verstehen nicht vertraust, dann wird es dir ziemlich schwerfallen Entscheidungen zu treffen. Was meine ich damit?
Viele von uns haben eine innere Stimme in uns, die wir oft bereits aus der Kindheit kennen. Eine Stimme, die zu uns spricht und in etwa folgendes sagt: “Andere wissen alles besser. Ich kann das nicht verstehen. Das, was die anderen sagen ist die Wahrheit.“
Wie kannst du also eigene Entscheidungen treffen, wenn du der Meinung bist, dass andere Menschen immer alles besser wissen, als du selbst? Du sprichst dir die Fähigkeit ab Sachen und Situationen anständig zu bewerten und überhaupt zu verstehen.
Übersetzt in das tägliche Leben bedeutet das Folgendes: Du schaust ständig darauf, was andere Menschen machen und versuchst sie nachzuahmen. Wenn beispielsweise die Menschen in deiner Umgebung Alkohol und Zigaretten für nicht schlimm halten, dann tust du das ebenfalls nicht. Wenn du allerdings von Menschen umgeben bist, die Alkohol und Zigaretten verteufeln, dann verteufelst du sie auch.
Andere Menschen diktieren dir also deine Überzeugungen und Entscheidungen, da du nicht daran glaubst, dass du eigene Meinungen haben und Entscheidungen treffen kannst. Du glaubst, dass deine Gedanken und Meinungen wertlos sind.
Ich kann mich nicht entscheiden – was kann ich tun?
Nun was kannst du tun, wenn die obigen Gründe auf dich zutreffen? Naja, zunächst einmal musst du akzeptieren, dass es unmöglich ist, der Schuld ständig aus dem Weg gehen zu wollen. Wir alle machen uns hin und wieder schuldig. Das entspringt einfach der Tatsache, dass wir Menschen sind und keine Roboter.
Das heißt: Du musst längerfristig denken. Kurzfristig kannst du sicherlich unangenehmen Schuldgefühlen entkommen, indem du dich vor Entscheidungen drückst und sie so gut wie es geht, aufschiebst. Doch langfristig bedeutet das, dass du dich in eine Abhängigkeit von anderen Menschen begibst.
Niemand kann ein erfolgreiches, unabhängiges und glückliches Leben führen, der es scheut, Entscheidungen zu treffen. Du musst dir also die Frage stellen: “Ist es mir lieber, von Zeit zu Zeit unangenehme Gefühle zu haben, oder mein ganzes Leben lang unsicher und abhängig von anderen Menschen zu sein?“ Siehe: Gefühle wahrnehmen und nicht nach ihnen handeln
Ich kann keine Entscheidungen treffen – Andere wissen alles besser
Was den zweiten Grund betrifft (“andere Menschen wissen alles besser“), so hat dieser Grund natürlich tieferliegende Ursachen, die möglicherweise bereits in der Erziehung entstanden sind. Daher möchte ich in diesem Beitrag nicht auf die Entstehung dieser Überzeugungen eingehen, da es andernfalls den Rahmen sprengen würde.
Vielmehr möchte ich dir sagen, was du konkret tun kannst und solltest: Du musst anfangen deine Gedanken und inneren Signale wertzuschätzen, zu respektieren und sie als wichtig erachten. Kein Mensch gleicht dem anderen. Wir alle haben unterschiedliche Gedanken, Gefühle und Befindlichkeiten.
Der einzige Weg, wie du dieses Leben erfolgreich meistern kannst ist, indem du dich auf deine eigenen Ressourcen konzentrierst und auf sie vertraust. Und je mehr du dich auf deine eigenen Ressourcen konzentrierst (Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche), desto unwichtiger werden für dich die Gedanken und Gefühle der anderen Menschen.
Ich sage nicht, dass dir die Gedanken und Gefühle der anderen Menschen egal sein sollen, vielmehr musst du den Stellenwert hinterfragen, den sie bei dir haben. Wenn die Gedanken und Gefühle der anderen für dich wichtiger sind, als deine eigenen, dann ist das ein Zeichen des Problems. Und dieses Problem kannst du beseitigen, indem du die Richtung deiner Aufmerksamkeit in Zukunft änderst.
Wenn du dich für die Entstehung der Stimmen im Kopf (“andere wissen alles besser“) interessierst und eine detailliertere Vorgehensweise möchtest, wie du dich aus diesen emotionalen Abhängigkeiten befreien und dich liebenswert fühlen kannst, so empfehle ich dir mein Buch: “Durch Mündigkeit zur Selbstliebe“.
Ich kann mich nicht entscheiden: Frage zum Schluss
Noch eine Frage zum Nachdenken: Was würde sich in deinem Leben ändern, wenn du anfangen würdest, deine eigenen Gedanken und Gefühle zu respektieren und wertzuschätzen?