Kannst du von dir behaupten, noch nie gelogen zu haben? Vermutlich nicht. Wir alle lügen gelegentlich im Alltag, um uns das Leben leichter zu machen. Um den nervenden Kollegen abzuwimmeln oder das Treffen abends abzusagen: das Lügen gehört zum Alltag.
Doch was ist mit Menschen, bei denen das Lügen zur Gewohnheit geworden ist und sie nicht mehr damit aufhören können? “Ich lüge immer und weiß nicht, was ich dagegen tun soll“. So in etwa lautet der Hilferuf.
Was passiert, wenn das Lügen solche Ausmaße angenommen hat, dass es bereits unbewusst geschieht? Ist sich den Alltag erleichtern, der einzige Grund für das Lügen? Diese Fragen möchte ich in diesem Beitrag beantworten.
Gründe für das Lügen
Natürlich ist das Lügen, um sich den Alltag zu erleichtern, ein Grund für das Lügen. Doch lange nicht der Einzige. Die Gründe, weshalb Menschen lügen, können sehr komplex gestrickt sein. Es kann eine Menge Selbsterforschung erfordern, um die wahren Gründe ausfindig zu machen.
Im Folgenden, möchte ich dir 3 Gründe vorstellen, die meiner Meinung nach am weitesten verbreitet sind. Vermutlich wirst du dich in dem einen oder anderen Grund wieder erkennen.
Grund 1: Ich lüge immer, weil ich möchte, dass andere gut von mir denken
Das, was andere denken werden oder könnten, ist oft die größte Motivation für das Lügen. Du lügst, weil du möchtest, dass andere gut von dir denken. Du lügst, weil du möchtest, dass andere dich mögen. Die Gedanken und die Wertschätzung der anderen, haben einen extrem hohen Stellenwert bei dir.
Natürlich möchte jeder Mensch gemocht werden. Wer möchte das nicht? Der Wunsch nach Akzeptanz und Wertschätzung ist auch gar nicht das Problem. Das Problem ist, welchen Stellenwert hat dieser Wunsch bei dir? Ist er dir wichtiger, als die Realität? Ist er dir wichtiger als deine eigene Selbstachtung, als der Respekt, den du vor dir selbst hast? Das Traurige dabei ist, dass viele Leute das bejahen würden.
Das Ganze soll natürlich nicht bedeuten, dass Menschen, die eine hohe Selbstachtung haben, nicht von dem Feedback der Umgebung beeinflusst werden.
Wir alle fühlen uns geschmeichelt, wenn wir ein positives Feedback oder ein Lob bekommen. Doch für viele Menschen ist das Feedback der einzige Maßstab, wonach sie sich messen.
Was ist aber mit den eigenen Gedanken? Mit der eigenen Einschätzung?
Wenn alles, was für dich zählt, das Feedback der anderen ist und dir deine eigene Einschätzung nicht so wichtig ist, dann wirst du auch lügen, um das gute Feedback der anderen zu bekommen. Wieso solltest du Gesicht vor dir selbst bewahren wollen? Das, was du sagst, ist ja ohnehin nicht wichtig.
Der Wunsch nach Akzeptanz und Wertschätzung hat letztlich zur Folge, dass du dich selbst und andere Menschen anlügst. Was dir dabei allerdings entgeht ist, inwiefern das auf Kosten deiner Selbstachtung geht.
Wie du es hinkriegst, dein eigenes Feedback über das Feedback der anderen Menschen zu stellen, beschreibe ich in meinem Buch: “Durch Mündigkeit zur Selbstliebe“.
Grund 2: Ich lüge immer, weil ich Angst vor Kritik und Ablehnung habe
Der erste Grund hatte eine “positive“ Motivation zugrunde. Du hast gelogen, weil du ein positives Feedback der anderen kriegen wolltest.
Aber auch die “negative“ Motivation, kann ein Grund für das Lügen sein: du lügst, weil du Kritik und Ablehnung vermeiden willst.
Auch die “negative“ Motivation hat ihren Ursprung darin, dass du keinen Wert auf deine eigene Meinung und Einschätzung legst. Demnach ist, das, was die anderen sagen, dein einziger Maßstab. Wenn andere dich gut finden, dann fühlst du dich gut. Wenn andere dich schlecht finden, dann fühlst du dich schlecht. Andere haben dein Selbstwertgefühl und deine Selbstachtung in ihren Händen.
Demnach kannst du nicht mit Ablehnung und Kritik umgehen. Denn jedes Mal, wenn du abgelehnt wirst, bedeutet das “ich bin nicht gut“ für dich. (Die 3 besten Methoden, um mit Ablehnung umzugehen)
Menschen, die gut mit Kritik und Ablehnung umgehen können, sind jene, die unabhängig sind und eine starke Meinung haben. Sie können die Ablehnung als das einordnen, was es ist: eine subjektive Meinung einer Person. Demnach tut ihnen eine Ablehnung auch nicht sonderlich weh.
Doch Menschen, die abhängig von dem Feedback anderer sind, tut eine Ablehnung weh. Denn eine Ablehnung bedeutet: “ich bin nicht gut genug“. (Angst vor Kritik und Ablehnung, Emotional unabhängig werden)
Auch hier entgeht dir, dass du dich in einem Teufelskreis befindest. Je mehr du versuchst, es anderen recht zu machen (indem du lügst), desto abhängiger wirst du von dem Feedback der anderen.
Grund 3: Ich lüge immer, weil ich andere nicht verletzten möchte
Wenn du einer verletzlichen Person deine Meinung sagst und sie danach verletzt ist, kann das natürlich Mitleid bei dir verursachen. Klar, wer möchte jemandem schon weh tun? Du glaubst, dass du diesen Schmerz verursacht hast. Doch das ist falsch.
Du bist der Auslöser für den Schmerz. Der Grund dafür ist die Abhängigkeit der verletzlichen Person von dem Feedback der anderen. Wie schon oben beschrieben, können unabhängige Menschen besser mit Kritik und Ablehnung umgehen. Sie können diese richtig einordnen und es tut ihnen auch nicht sonderlich weh.
Doch einer abhängigen Person kann eine Ablehnung sehr weh tun. Demnach kann das ein Grund für dich sein, andere zu belügen, weil du sie nicht verletzten willst. Weil du nicht möchtest, dass sie sich schlecht fühlen.
So idealistisch das auch klingt: eine Lüge bleibt eine Lüge. Und es ist Tatsache, dass du jedes Mal an Selbstachtung verlierst, wenn du lügst.
Daher musst du entscheiden: ist es dir wichtiger, andere Personen zu beschützen, oder ist dir deine Selbstachtung wichtiger? (Du musst deine eigenen Wünsche durchsetzen)
Fazit: Leute die immer lügen
Natürlich ist es nicht möglich, immer und überall ehrlich zu sein. Es kann durchaus Situationen geben, bei denen du lieber lügst, als die Wahrheit zu sagen, wie beispielsweise bei einem Überfall. Demnach sind auch Aussagen wie: “Ich lüge nicht“, “Ich kann nicht lügen“, oder “Ich lüge nie“ entkräftet.
Das Lügen ist auch keine Krankheit. Ich war entsetzt darüber, wie viele Menschen bei Google nach “Krankheit immer lügen“ suchen. Es ist vielmehr eine Gewohnheit. Und wie alle anderen Gewohnheiten, kann man auch diese Gewohnheit abtrainieren.
Wenn du bisher ein sehr unehrliches Leben geführt hast, ist es auch nicht möglich, dein Leben von heute auf morgen umzustellen. Wenn du dir das vornimmst, wirst du höchstwahrscheinlich bald wieder aufgeben, denn die Änderung funktioniert nicht so schnell.
Wichtig ist nur, dass du den aufrichtigen Willen hast, dein Leben von Tag zu Tag ehrlicher zu gestalten. Jeden Tag etwas ehrlicher mit dir selbst und deinen Mitmenschen zu sein. Wenn du die positiven Ergebnisse, die ein ehrliches Leben mit sich bringt, erkennst, dann wirst du diesen Willen und die Motivation dafür auch entwickeln. (Authentisch leben bedeutet keine Angst vor Ablehnung zu haben)
Zum Schluss eine Frage zum Nachdenken.
Was würde sich in deinem Leben ändern, wenn du jeden Tag versuchst, etwas ehrlicher mit dir selbst und deinen Mitmenschen zu sein?